Illustration: Claudia Löffelmann
… für eine Auszubildende zur Medizinischen Fachangestellten
Ab September nächsten Jahres hat die Praxis wieder einen Ausbildungsplatz zur/zum Medizinsichen Fachangestellten frei. Es gab bereits einige Bewerbungen. Dr. Hinkel hat alle Unterlagen gesichtet. Und für sich auch schon seine Favoritin bestimmt.
Sr. Katja darf bei der Einstellung neuer Mitarbeiter mitbestimmen. Immerhin ist sie die Ausbilderin und als Erstkraft in der Praxis für das Team verantwortlich. Sr. Katja schaut sich alle Bewerbungsunterlagen an und macht sich selbst ihr Bild. Dabei fällt ihr eine Bewerbung ins Auge, die Dr. Hinkel für sich schon auf den Absagestapel gelegt hat. Die von Sonja Mehrbold. Als Katja ihr Bewerbungsfoto erkennt, weiß sie sofort, wessen Unterlagen sie vor sich hat. Das Mädel war bereits zwei Mal während der Sommerferien als Praktikantin hier. Was Katja an ihr gefiel? Sie hatte ein Händchen für die Patienten und konnte prima mit ihnen umgehen. Auch mit den herausfordernden. Obwohl sie damals erst 14 und 15 Jahre alt war. Ohne dass es ihr jemand sagen musste, räumte sie stets auf, ist sofort gesprungen, wenn jemand mit einer Gehbehinderung versuchte, durch die Praxistür zu humpeln. Sie war offen, Neues zu lernen, hat neugierig zugesehen, wenn Katja z.B. auch mal Blut abgenommen hat. Und Katja wusste von ihren Kollegen, dass sie Sonja vermisst haben, sobald die Praktika vorbei waren.
Zählen ausschließlich gute Schulnoten?
Katja bespricht ihre Auswahl mit dem Chef. Für ihn zählten bei der Auswahl ausschließlich die Schulnoten. Eine 1 in Biologie ist für ihn wichtig. Auch in Chemie sollte die Note 1, mindestens jedoch die Note 2 stehen. Außerdem macht seine Favoritin gerade ihr Abitur. „Also ein helles Köpfchen“, meint Dr. Hinkel.
„Welche Praktika hat Ihre Favoritin schon absolviert?“, fragt Sr. Katja ihren Chef. „Schulpraktika in einem Logistikunternehmen und in einem Kindergarten“, antwortet Dr. Hinkel. Und nun zählt Katja die Fakten ihrer Favoritin auf:
- O.k., sie hat in Bio Note 2 und in Chemie Note 3
- Ja, sie ist noch keine 18, schließt im Sommer die Realschule ab
- Hat bei uns jedoch schon 2x gearbeitet
- Zusätzlich zu ihren Schulpraktika – also freiwillig
- Sie packt zu
- Sieht, wenn Arbeit ansteht, ohne dass man es ihr sagen muss
- Sie hat keine Scheu, fremde Menschen zu berühren
- War während der gesamten Zeit sehr interessiert an den einzelnen Tätigkeiten
- Hat wichtige Zusammenhänge im Praxisablauf verstanden
- Hat sich bereits ins Team integriert
- Ist zuverlässig, war jeden Tag die Erste
- Ist trotz ihres jungen Alters offen und kommunikativ und kann auf andere zugehen
- Sehr höflich und zuvorkommend
- …“
Dr. Hinkel hebt abwehrend die Hände. „Ist ja gut! Habs verstanden! Ihre Favoritin zeigt tatsächlich viel mehr ausgezeichnete Voraussetzungen als meine! Sie ist mir nicht aufgefallen während ihrer Arbeit bei uns, weil ich viel zu viel Zeit hinter der Sprechzimmertür verbringe. Laden Sie sie zu einem Gespräch ein. Ich möchte sie auch kennen lernen.“
Katja packt ihre Unterlagen zusammen und geht lächelnd zurück an ihren Arbeitsplatz. Sie freut sich auf ihre neue Kollegin…
An diesem Beispiel ist zu erkennen, wie Praktika zum Türöffner werden. Überzeugen Sie persönlich statt ausschließlich mit glänzenden Noten!
Ihre Petra Carlile