„Ich will doch nur das Beste für jeden!“, beschwert sich Udo Holzer, der heute als Coaching-Klient einen Termin bei Andrea Baumann wahrnimmt. Udo ist Leiter eines 5 köpfigen Teams in einem großen Planungsbüro. Um seiner Führungsrolle gerecht zu werden, hat er sich in diversen Seminaren Führungs- und Beratungskompetenzen angeeignet. Er sei ein guter Zuhörer und könne sofort erfassen, was seine Gesprächspartner bewegt. Wie das unter wirklich guten Kollegen ist, tauscht man sich nicht nur über auftretende Probleme und Lösungswege bei Arbeitsthemen aus, sondern hin und wieder auch über private Sorgen und Nöte.
Ich weiß, was wirklich hilft!
Jedes Mal, wenn Udo von jemandes persönlichen Problem erfährt, überlegt er, was man wie tun kann, um es aus der Welt zu schaffen. Welche Optionen es noch gibt. Welche Experten man zu Rate ziehen könne. Schließlich versteht Udo, was gemeint ist. Und sehr gern möchte er sein Gegenüber wieder glücklich und zufrieden sehen.
So zermartert er sich das Hirn, manchmal weit über den Feierabend hinaus. „Doch keiner nimmt meine Ratschläge an! Dabei würden die wirklich helfen!“, ruft er empört.
Ungebetene Ratschläge
„Wurden Sie bei diesen Themen ausdrücklich um Rat gefragt und um Lösungshilfe gebeten? Fragt jemand ganz konkret: „Udo, was soll ich tun? Bitte gib mir einen Rat.?“ , will Andrea Baumann wissen. Verwirrt erwidert Holzer: „Nein, spielt das denn eine Rolle?“ Mit einem tiefen Seufzer antwortet seine Coachin: „Und wie!“
Sich was von der Seele reden oder Bitte um konkrete Ratschläge
Nicht jede Person, die emotional aufgewühlt ist, will sofort etwas an der prekären Situation ändern, in der sie sich befindet. Manchmal wollen Menschen sich nur etwas von der Seele reden. Das löst nicht die Ursache ihres Problems. Doch fühlen sie sich danach verstanden und das tröstet über den emotional aufgewühlten Zustand. Sicherlich nur für den Moment. Und ja, ich gebe Ihnen recht: Ändert die betroffene Person nichts an den Themen, die sie negativ einnehmen, bewegt sie sich immer wieder darin wie in einer Dauerschleife. Doch muss sie selbst erkennen, dass es einer Änderung bedarf. Die bei ihr selbst beginnt. Diese Menschen müssen also bereit sein, bei sich selbst etwas zu ändern und sind dann viel eher offen für einen Rat von außen.
Möchtest Du einfach nur reden oder benötigst Du konkrete Lösungsvorschläge?
Wer ungebeten mit Verhaltensänderungsvorschlägen traktiert wird, verschließt sich. Das hilft weder der Person mit dem Problem noch Ihnen, der sich ein Bein ausreißt und dadurch leider zum Klugscheißer wird.“
Udo Holzer ist geplättet. So hat er das noch nie gesehen. Nein, ein Klugscheißer wollte er nicht sein. Langsam dämmert es ihm, dass er dennoch hilft, wenn er einfach nur zuhört. Dem Anderen, weil dieser in Udo einen tollen Menschen hat, mit dem man einfach nur mal quatschen kann. Und Udo Holzer selbst auch, weil er die Probleme der anderen nicht zu seinen macht und sinnlos Zeit und Energie verschwendet auf der Suche nach Lösungen. Die ungebeten sind.
So verabschiedet Andrea Baumann heute ihre Coaching-Klienten, der seine überschwänglichen Helferimpulse künftig drosselt und weiß, dass er allein schon durchs Zuhören ein guter Freund werden kann.
Privat
Zunächst zu fragen, was der oder die andere von einem selbst erwartet, ob einfach nur zuhören oder wirklich konkrete Vorschläge gewünscht sind, entspannt auch ungemein Freundschafts- oder Familienverhältnisse.
Erbetene Ratschläge werden eher umgesetzt als klug daher gesch… Alles Gute beim täglichen Miteinander!
Ihre Petra Carlile