Illustration: Claudia Löffelmann
Dass es nicht einfach ist, im Unternehmensalltag Aufgaben zu delegieren, durften wir bei Paul Redlich hautnah erleben. ‚Der hat sich das aber schwer gemacht…‘ haben wir gedacht. Doch fassen wir uns mal an unsere eigene Nase: wie gern delegieren wir im Privatleben?
Perfekt sein im Job und perfekt im Privatleben – ein Spagat
Da ist zum Beispiel Betty, die von sich behauptet, eine perfekte Hausfrau zu sein. Seit einiger Zeit hat sie eine Vollzeitstelle angenommen, die ihr große Freude bereitet. Das jedoch bedeutet, sie hat weniger Zeit für den eigenen Haushalt. Bettys Mann Chris erkennt das und will sie unterstützen. Er würde die Einkäufe übernehmen. Doch Betty lehnt das Angebot ab. „Schatz, das ist wirklich reizend. Aber Du weißt doch gar nicht, aus welchen Geschäften wir welche Lebensmittel bekommen.“
„Dann schreibe es mir zum Einkaufszettel halt dazu.“, schlägt Chris vor.
„… ach., bevor ich das alles aufgeschrieben habe, bin ich rasch selbst einkaufen gegangen.“
„Na gut“, Chris bleibt dran. „Dann übernehme ich das Putzen und fege und wische.“
Doch auch hier hat Betty Einwände. „Nein, nein. Da muss man genau drauf achten, dass für die Steinfliesen ein besonderes Putzmittel genommen wird. Ebenso brauchst Du andere Tücher, um die Fenster zu putzen. Und Chris, seien wir doch mal ehrlich: Du wirst das nie so hin bekommen, dass alles perfekt sauber ist.“
Wer alles allein macht, bricht irgendwann zusammen
Verständlicherweise hat Chris die Lust verloren, seiner Betty zu helfen. Diese kommt weiter Tag für Tag von der Arbeit nach Hause und versucht, Haus und Heim in Ordnung zu halten. Inzwischen dreht sie sich um sich selbst und ist ziemlich am Ende. Schluchzend hockt sie am Tisch. Chris legt seinen Arm um sie und versucht, sie zu überzeugen. „Komm schon, gib was von Deiner Hausarbeit ab. Ich kann einen Teil übernehmen…“
Solange das Ergebnis stimmt, ist das WIE zweitrangig
„ja, aber Du…“ will Betty argumentieren. „Ja, ich bin nicht routiniert in der Hausarbeit. Aber lernfähig. Oder traust Du mir gar nichts zu?“ Chris legt überzeugende Argumente auf den Tisch:
„Wie schlimm ist es, wenn ich meinen eigenen Wischmopp finde, mit dem ich am besten den Boden reinigen kann?“, fragt er. „Nicht schlimm…“ schnieft Betty.
„Was passiert, wenn ich den eingekauften Käse und die Wurst ein Fach tiefer in den Kühlschrank einräume als Du es immer machst?“ fragt Chris weiter. „ Das ist auch kein Problem…“ entgegnet Betty.
„Was ist falsch, wenn ich bei Regenwetter die Fenster putze? Dann blendet mich die Sonne nicht so dabei. Werden die Scheiben dann weniger sauber?“ Chris lässt nicht locker. „O.k., o.k., Du hast ja Recht. Es spielt nicht wirklich eine Rolle.“, lenkt Betty ein.
Anders ist nicht schlechter
So langsam kann auch Betty loslassen und Stück für Stück darf Chris seinen Teil der Hausarbeit leisten. Ja, Chris hat seine eigene Art, die herausfordernde Hausarbeit zu meistern. Schön, er hat einen Saugroboter angeschafft, der täglich das Gröbste an Schmutz aufnimmt. Ein bisschen Spaß bei der Arbeit braucht jeder Mann. Und er hat sich für einen Wischmopp entschieden, statt Wischtuch und Schrubber zu nutzen. Hin und wieder nimmt Betty Anlauf, um ihren Mann zu berichtigen. Eben hat sie sich dabei erwischt, den Kühlschrankinhalt umzustellen. Weil die Wurst nun mal ganz nach unten gehört. Jedoch hat mit Chris‘ Art alles besser reingepasst. Und man hatte schon den besseren Überblick. Rasch stellt Betty alles wieder zurück. Sie setzt sich ins Wohnzimmer und schaut sich um.
‚Ist es sauber? Ja, ist es. Ist es aufgeräumt? Ja. Anders als vorher. Und trotzdem ist es aufgeräumt. Kann man sich zu Hause wohlfühlen, auch wenn ich nicht alles zurechtgerückt und poliert habe sondern es jmd. anderes getan hat? Ja, und ob!‘
Viele Frauen unter uns sind von Kindheit an einbezogen worden, im Haushalt zu helfen. Früh schon konnten wir kochen, putzen, backen. Ja, früher hatte die Hausfrau auch eine andere Rolle in der Familie. Sie war zu Hause und hat sich dort um alles gekümmert. Glücklicherweise stehen wir heute auch im Job unsere Frau. Das jedoch bedeutet, dass wir dem anerzogenen Hausfrauenperfektionismus eine Abfuhr erteilen müssen. Aufgaben an Familienmitglieder abgeben. Und: oftmals genügt es auch, 1x pro Woche durchzuwischen statt alle 2 Tage. Oder?
Gute Erholung beim Ent-Perfektionieren!
Ihre Petra Carlile